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VG 2 A 75.98    Verwaltungsgericht Berlin

Beschluss

In der Vollstreckungssache

gegen

die Studentenschaft der Freien Universität Berlin, vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuß, dieser vertreten durch die Vorsitzende, [...]

hat die 2. Kammer der Verwaltungsgerichts Berlin durch

am 8. Juli 1998 beschlossen:

Gegen die Vollstreckungsschuldnerin wird wegen Verstoßes gegen das in dem Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Januar 1998 (VG 2 A 230.97) enthaltene Verbot, allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben, ein Ordnungsgeld von 5.000,-- DM, und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, ein Tag Ordnungshaft gegen die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden des AStA der Freien Universität Berlin festgesetzt.

Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Durch den rechtskräftigen Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Januar 1998 (VG 2 A 230.97) wurde der Vollstreckungsschuldnerin im Wege der einstweiligen Anordnung für die Dauer der Mitgliedschaft der Vollstreckungsgläubiger in der Studentenschaft der Freien Universität Berlin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache (VG 2 A 231.97) untersagt, allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen, Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben. Zugleich wurde für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5,00 DM bis 500.000,-- DM angedroht.

Die Festsetzung des Ordnungsgeldes beruht auf § 123 Abs. 3 VwGO, 928, 890 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckungsschuldnerin hat gegen das vorgenannte Unterlassungsgebot verstoßen und beabsichtigt, dieses auch in Zukunft nicht zu beachten. Sie hat nämlich zu einer Veranstaltung mit dem Thema "Asyl und Abschiebung - Rassistische Politik in dieser Gesellschaft" im Rahmen der Kampagne "Wir nehmen den Maulkorb ab" aufgerufen, die am 8. Juli 1998 um 18 Uhr in der Rost-/Silberlaube der FU Berlin stattfinden soll. Thema der Veranstaltung und der Wortlaut des Aufrufs lassen erkennen, daß die Veranstaltung keinen hochschulpolitischen Bezug im Sinne von § 18 Abs. 2 BerlHG aufweist. Da der Inhalt des Aufrufs und die Thematik der Veranstaltung allein den Schluß zulassen, daß die Veranstaltung unter Verstoß gegen die einstweilige Anordnung vom 28. Januar 1998 ausschließlich mit allgemeinpolitischen Äußerungen und Erklärungen verbunden sein wird, steht ihrer Durchführung die einstweilige Anordnung vom 28. Januar 1998 entgegen. Die Vollstreckungsschuldnerin maßt sich damit weiterhin an, ein allgemeinpolitisches Mandat wahrnehmen zu dürfen. Sie legt auch in ihrem Aufruf zu der Veranstaltung ausdrücklich dar, daß sie sich der "Zensur" durch Gerichte nicht beugen werde, da gewählte Studierendenvertretungen als Universitätsmitglieder eine gesellschaftliche Verantwortung übernähmen. Weiter führt sie aus, daß die gerichtlich geforderte Trennung von Hochschul- und Allgemeinpolitik in der Praxis nicht umsetzbar sei, da sie negiere, daß Hochschule ein Teil der Gesellschaft sei und sich politische Entwicklungen an den Hochschulen nicht unabhängig von allgemeinen politischen Entwicklungen vollzögen. Bei der Höhe des Ordnungsgeldes hat das Gericht dem Umstand Rechnung getragen, daß die Vollstreckungsschuldnerin auch in Zukunft die gegen sie ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung nicht beachten will. Da das Ordnungsgeld gerade auch dem Zweck dient, weitere Zuwiderhandlungen zu verhindern, ist der festgesetzte Betrag von 5.000,-- DM der Höhe nach angemessen, denn es kann davon ausgegangen werden, daß dieser Betrag die Vollstreckungsschuldnerin von einer weiteren Zuwiderhandlung etwa in Form der beabsichtigten Veranstaltung abhält. Die Kammer weißt jedoch darauf hin, daß zur Durchsetzung der einstweiligen Anordnung vom 28. Januar 1998 bei weiteren Zuwiderhandlungen der Vollstreckungsschuldnerin ein deutlich höheres Ordnungsgeld in Betracht zu ziehen sein wird.

Gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist von Amts wegen für den Fall, daß das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft zu verhängen. Dabei hat das Gericht das sich aus Art. 6 Abs. 2 EGStGB ergebende Mindestmaß von einem Tag festgesetzt. Zwar handelt es sich bei der Vollstreckungsschuldnerin um eine Teilkörperschaft öffentlichen Rechts (vgl. § 18 Abs. 1 BerlHG). Dennoch ist die Festsetzung von Ordnungshaft zulässig , da der die Studentenschaft vertretende AStA der Freien Universität Berlin (vgl. § 18 Abs. 4 BerlHG) als Gremium über stellvertretende Vorsitzende verfügt und die Verhängung von Ordnungshaft gegen seine Vorsitzende bzw. seinen Vorsitzenden seine Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigen kann. Insofern besteht ein Unterschied zu dem vom VGH Mannheim (NVwZ-RR 1995, 619) entschiedenen Fall.

die Kostenentscheidung folgt aus § 891 ZPO i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.