Untreue durch Mitglieder des AStA
 
NStZ 1982, 70

Untreue durch Mitglieder des AStA

StGB § 266

HessHSchG §§ 26, 27, 33

Untreue durch Verfügung über zweckgebundene Geldmittel durch Mitglieder des Allgemeinen Studentenausschusses, die sich auf ein "allgemein–politisches Mandat' berufen.

BGH, Beschluß v. 23.10.1981 – 2 StR 477/80 (LG Frankfurt)

Zum Sachverhalt:Die Angekl. sind wegen Untreue – unter dem Vorbehalt einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von je fünf Tagessätzen in Höhe von jeweils 20 DM – verwarnt worden. Ihre Revisionen führten zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache.

Aus den Gründen:... II. 1. Nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt der StrK, daß die Verwendung zweckgebundener Gelder der Studentenschaft durch die Angekl. für den Druck von Schriften, wie sie dem angefochtenen Urteil zugrunde liegen, den Tatbestand der Untreue erfüllen könnte. Wie sich aus § 26 IV i.V. mit § 33 I des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Hessen – HHG – vom 12. 5. 1970 (GVBl I, 315, 321, 322) ergibt, sind die von der Studentenschaft erhobenen Mitgliedsbeiträge allein zur Erfüllung der "gesetzlichen Aufgaben' der Studentenschaft bestimmt. Selbst bei Fehlen dieser ausdrücklichen Regelung könnte nichts anderes gelten; denn Beiträge, die eine öffentlichrechtliche Körperschaft mit Zwangsmitgliedschaft erhebt, dürfen nur für ihre gesetzlich festgelegten Aufgaben verwendet werden (BVerfGE 38, 281 [311]). Um eine solche Körperschaft handelt es sich bei der Studentenschaft ( § 26 I, II, IV HHG). Zu ihren gesetzlichen Aufgaben gehört nicht die Veröffentlichung derartiger Druckschriften, die weder Angelegenheiten der Universität noch der Studenten in ihrer Eigenschaft als Angehörige der öffentlichrechtlichen Körperschaft betreffen (BVerwGE 34, 69 [74]). In dem Aufgabenkatalog des § 27 II HHG wird zwar u.a. "die Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewußtseins der Studenten" genannt. Hierunter fällt aber nicht eine allgemeinpolitische Betätigung, z.B. durch Abgabe politischer Erklärungen, durch entsprechende Aufrufe oder durch das Erheben von Forderungen auf diesem Gebiet. Zudem würde gegen eine gesetzliche Zulassung derartiger Aktivitäten der Studentenschaft und ihres Allgemeinen Studentenausschusses verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Die Pflichtzugehörigkeit der Studenten zur Studentenschaft stellt einen Eingriff in die individuelle Freiheitssphäre jedes einzelnen Studierenden dar. Ein solcher Eingriff ist nur dann mit der verfassungsmäßigen Ordnung vereinbar, wenn er sich als verhältnismäßig erweist. Das bedeutet, daß er zur Erreichung des vom Gesetzgeber erstrebten Zieles nicht nur geeignet, sondern insb. auch erforderlich sein muß (BVerfG, aaO, 302). Der mit der Zwangsmitgliedschaft der Studenten verfolgte Zweck verlangt aber nicht die Gestattung allgemeinpolitischer Tätigkeiten des Zwangsverbandes und seiner Organe. Durch sie würde deshalb das sich aus Art. 2 I GG ergebende Hauptfreiheitsrecht des einzelnen Studenten unzulässigerweise beeinträchtigt werden, da die Studentenschaft dann im Namen ihrer Mitglieder ohne deren Zustimmung politische Erklärungen in dem oben dargelegten Sinn abgeben dürfte (vgl. BVerwGE 59, 231 [238 ff.]).2. Schon aus diesem Grund könnte sich – entgegen der Ansicht der Bf. – kein Gewohnheitsrecht des Inhalts gebildet haben, daß der Studentenschaft ein "allgemeinpolitisches Mandat' erteilt ist (BVerwGE 59, 231 [240]).3. Da die von der Studentenschaft erhobenen Mitgliedsbeiträge, wie vorstehend ausgeführt wurde, nur zur Erfüllung der gesetzlich festgelegten Aufgaben verwendet werden durften, konnte bereits deshalb Beschlüsse des Studentenparlaments, die Anerkennung des allgemeinpolitischen Mandats zum Ziel hatten, keine tatbestands– oder unrechtsausschließende Wirkung zukommen.4. a) Die einer freien Verfügung über die Mitgliedsbeiträge entgegenstehenden Gründe gelten auch für die durch die Druckerei des Allgemeinen Studentenausschusses erlangten Einnahmen. Denn diese Gelder wurden unter Einsatz der Sach– und Personalmittel der Körperschaft bei der Ausführung bezahlter Druckaufträge studentischer Vereinigungen sowie in geringem Umfang auch nichtstudentischer Auftraggeber erwirtschaftet. – Die Druckerei durfte für solche Aufträge "nach Maßgabe freier Kapazität und zur Senkung der Betriebskosten" benutzt werden ...Ku.

Anm. d. Schriftltg.: Zu Risikogeschäft und Untreue vgl. Hillenkamp, NStZ 1981, 161; zur "Verschwendung" öffentlicher Mittel als Untreue Neye, NStZ 1981, 369.

NJW 1982, 346

BGHSt 30, 247