NVwZ 2002, 357 OVG 8 L 30.00
beschlossen am 27. April 2001.
Oberverwaltungsgericht Berlin
BESCHLUSS
In der
Vollstreckungssache
Studenten der
Humboldt-Universität
Vollstreckungsgläubiger und Beschwerdegegner,
-Verfahrensbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Raimund Kößler
Mommsenstr. 61, 10629 Berlin
gegen
die Studentenschaft
der Humboldt-Universität zu Berlin,
vertreten durch den Allgemeinen Studentenausschuss
dieser vertreten durch den Vorsitzenden,
Unter den Linden 6, 10099 Berlin
Vollstreckungsschuldnerin und Beschwerdeführerin
hat der 8. Senat
des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden
Richter am Oberverwaltungsgericht Monjé und die Richter
am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 27.
April 2001 beschlossen:
Die Beschwerde der
Vollstreckungsschuldnerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. April 2000 wird
zurückgewiesen.
Die
Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des
Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5 000 DM
festgesetzt.
Gründe:
I.
Die
Vollstreckungsschuldnerin wendet sich mit ihrer
Beschwerde gegen ein vom Verwaltungsgericht im Wege der
Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung festgesetztes
Ordnungsgeld in Höhe von 5 000 DM.
Durch
Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. November
1999 - VG 2 A 135.99 - war der Vollstreckungsschuldnerin
für die Dauer der Mitgliedschaft der
Vollstreckungsgläubiger in der Studentenschaft der
Humboldt-Universität zu Berlin bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren
untersagt worden, "nicht spezifisch und unmittelbar
hochschulbezogene Äußerungen (Erklärungen,
Forderungen, Stellungnahmen) abzugeben sowie derartige
Tätigkeiten Dritter zu unterstützen". Zugleich war
der Vollstreckungsschuldnerin für den Fall der
Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5 DM bis
500 000 DM angedroht worden. Den dagegen gerichteten
Antrag der Vollstreckungsschuldnerin, die Beschwerde
gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zuzulassen,
hat das Oberverwaltungsgericht Berlin mit unanfechtbarem
Beschluss vom 22. September 2000 - OVG 8 SN 328.99 -
abgelehnt.
Am 18. Dezember 1999 haben die Vollstreckungsgläubiger
beantragt, ein Ordnungsgeld in Höhe von 5 000 DM gegen
die Vollstreckungsschuldnerin festzusetzen, weil diese
gegen das im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.
November 1999 ausgesprochene Verbot verstoßen habe. Das
Verwaltungsgericht hat diesem Antrag entsprochen und mit
dem hier angefochtenen Beschluss vom 17. April 2000 ein
Ordnungsgeld in Höhe von 5 000 DM und für den Fall,
dass dieses nicht beigetrieben werden könne, einen Tag
Ordnungshaft gegen die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden
des AstA der Humboldt-Universität zu Berlin festgesetzt.
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht angeführt,
das Ordnungsgeld sei gemäß §§ 123 Abs. 3 VwGO, 928,
890 Abs. 1 ZPO festzusetzen, weil die
Vollstreckungsschuldnerin gegen das Unterlassungsgebot
verstoßen und ihre Absicht kund getan habe, dieses auch
in Zukunft nicht zu beachten. Dabei könne offen bleiben,
ob sämtliche von den Vollstreckungsgläubigern
vorgetragenen Betätigungen der Vollstreckungsschuldnerin
als Verstoß gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot zu
werten seien; die Vollstreckungsschuldnerin habe
jedenfalls in der Februarausgabe 2000 der vom AstA
herausgegebenen Zeitung der Studentischen
Selbstverwaltung "Huch!" das gerichtliche
Unterlassungsgebot nicht beachtet. Die Zeitung enthalte
eine Anzeige ohne Hochschulbezug für eine Demonstration
am 5. Februar 2000, wobei es rechtlich unerheblich sei,
dass nach Behauptung der Vollstreckungsschuldnerin Dritte
die Anzeige aufgegeben hätten, denn nach dem Beschluss
der Kammer vom 23. November 1999 seien auch allgemein
politische Äußerungen Dritter dem Verantwortungsbereich
der Vollstreckungsschuldnerin zuzurechnen, wenn sie diese
in ihren Druckerzeugnissen verbreite und damit
unterstütze. Der in der Februarausgabe der Zeitung
veröffentlichte Artikel "Heim ins Österreich"
befasse sich ebenfalls allein mit aktuellen politischen
Verhältnissen in Österreich und weise ebenso wenig
einen Hochschulbezug auf wie die Schlagzeile auf dem
Titelblatt der Zeitung. Gerade durch diese Schlagzeile
gebe die Vollstreckungsschuldnerin zu erkennen, dass sie
sich des fehlenden Hochschulbezuges des Artikels über
Österreich durchaus bewusst sei und in Kauf nehme, mit
einem Ordnungsgeld belegt zu werden. Die Festsetzung
eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5 000 DM scheine
ausreichend, um die Vollstreckungsschuldnerin von einer
weiteren Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot
abzuhalten.
II.
Die
hiergegen gerichtete Beschwerde der
Vollstreckungsschuldnerin, die gemäß § 146 Abs. 1 und
4 VwGO ohne vorherige Zulassung statthaft ist, hat keinen
Erfolg.
Die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung des
Verwaltungsgerichts vom 23. November 1999, die durch den
seinerzeit noch nicht beschiedenen Antrag auf Zulassung
der Beschwerde nicht gehindert wurde, weil dem
Beschwerdezulassungsantrag ebenso wenig wie der
Beschwerde selbst (§ 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO)
aufschiebende Wirkung zukam, richtet sich gemäß § 123
Abs. 3 nach §§ 928, 890 Abs. 1 ZPO. Dass die
Vollstreckung eines gegen die Studentenschaft einer
Universität im Wege einstweiliger Anordnung
ausgesprochenen Unterlassungsgebots sich nach § 890 ZPO,
nicht aber nach der für Verpflichtungen zum Erlass eines
Verwaltungsaktes geltenden Sonderregelung des § 172 VwGO
richtet, hat der Senat in seinem Beschluss vom 29. August
2000 - OVG 8 L 25.99 - bereits entschieden. Das
Verwaltungsgericht hat deshalb zutreffend auf der
Grundlage des § 890 Abs. 1 ZPO ein Ordnungsgeld, nicht
aber ein Zwangsgeld gemäß § 172 VwGO festgesetzt. Die
dagegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände
überzeugen nicht.
Die Vollziehungsfrist des § 829 Abs. 2 ZPO ist gewahrt.
Den Vollstreckungsgläubigern wurde der das
Unterlassungsgebot enthaltende Beschluss des
Verwaltungsgerichts am 26. November 1999 zugestellt; ihr
Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist am 18.
Dezember 1999 beim Verwaltungsgericht eingegangen.
Weshalb unter diesen Umständen - wie die
Vollstreckungsschuldnerin meint - eine nochmalige
Zustellung an sie hätte erfolgen müssen, ist nicht
nachvollziehbar. Der Tenor des verwaltungsgerichtlichen
Beschlusses ist auch eine hinreichende
Vollstreckungsgrundlage. Abgesehen von der Frage, ob die
Vollstreckungsschuldnerin im vorliegenden
Vollziehungsverfahren mit Einwendungen, die sich gegen
das zu vollstreckende Unterlassungsgebot selbst richten,
ausgeschlossen ist, ist der Tenor des
verwaltungsgerichtlichen Beschlusses als
Vollstreckungsgrundlage hinreichend bestimmt. Er
untersagt der Vollstreckungsschuldnerin Äußerungen ohne
spezifischen und unmittelbaren Hochschulbezug sowie die
Unterstützung entsprechender Äußerungen Dritter. Damit
wird für die Vollstreckungsschuldnerin hinreichend klar,
dass ihr allgemeinpolitische, nicht hochschulbezogene
Äußerungen untersagt sind. Der Senat hat in seinem die
Studentenschaft der Freien Universität Berlin
betreffenden Beschluss vom 25. Mai 1998 - OVG 8 SN 24.98
- bereits ausführlich zu der auch von den dortigen
Antragstellern erhobenen Rüge unzureichender
Bestimmtheit der tenorierten Unterlassungsanordnung
Stellung genommen und das ordnungsgeldbewährte Verbot
für hinreichend bestimmt gehalten. Hieran hält der
Senat nach erneuter Überprüfung fest.
In der
Sache schließt sich der Senat der Einschätzung des
Verwaltungsgerichts an, dass die
Vollstreckungsschuldnerin in der Februarausgabe der
Zeitung HUch! gegen das ihr auferlegte Verbot
allgemeinpolitischer Betätigung verstoßen hat. Der
Artikel "Heim ins Österreich" befasst sich
ausschließlich mit den seinerzeit aktuellen allgemeinen
politischen Verhältnissen in Österreich und weist
erkennbar keinen Hochschulbezug auf. Dass dieser Artikel
sich mit einem allgemeinpolitischen Thema beschäftigt,
wird in der Beschwerdebegründung vom 31. Mai 2000 auf S.
4 zu Recht selbst zugestanden. Dem Einwand, bei dem
Artikel handele es sich um die Veröffentlichung einer
zur Diskussion anregenden Meinung, die die politische
Bildung der Studenten zu fördern geeignet sei, folgt der
Senat ebenso wenig wie der Einlassung, es handele sich
nur um einen von insgesamt 14 inhaltlichen Beiträgen der
Februarausgabe der HUch! mit einem nicht
hochschulpolitischen Thema im engeren Sinne. Der
Vollstreckungsschuldnerin ist jede nicht spezielle
hochschulbezogene Äußerung untersagt. Dazu zählt auch
die Anzeige auf Bl. 13 der Zeitung, mit der zu einer
Demonstration unter dem Motto "Freiheit für Mumia
Abu-Jamal und alle politischen Gefangenen! Abschaffung
der Todesstrafe!" aufgerufen wird. Dass es sich
dabei um eine bezahlte Anzeige Dritter handelt, ist
unerheblich. Der Vollstreckungsschuldnerin ist auch
untersagt, allgemeinpolitische Äußerungen Dritter zu
unterstützen. Hiergegen verstößt sie, wenn sie solche
in ihren Druckerzeugnissen verbreitet (Beschluss des
Senats vom 25. Mai 1998, a.a.O.).
Schließlich lässt die Schlagzeile auf dem Titelblatt
der Februarausgabe der HUch!, die neben dem Foto des
österreichischen Politikers Haider einen Hinweis auf den
Artikel "Heim ins Österreich" enthält,
erkennen, dass die Vollstreckungsschuldnerin sich des
fehlenden Hochschulbezugs dieses Artikels durchaus
bewusst war und es in Kauf genommen hat, mit einem
Ordnungsgeld belegt zu werden. Nur so ist die Fußnote zu
dieser Schlagzeile zu verstehen, die eindeutig auf die
Ordnungsgeldandrohung des Verwaltungsgerichts im
Beschluss vom 23. November 1999 Bezug nimmt. Die von der
Vollstreckungsschuldnerin bemühte Interpretation der
Schlagzeile nebst Fußnote als polemisch überspitzte
Wahlwerbung überzeugt nicht.
Auch der Höhe nach ist das vom Verwaltungsgericht
festgesetzte Ordnungsgeld nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 GKG.
Dieser
Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Monjé
Dr. Schrauder Weber
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